Dienstag, 16. Dezember 2008

New Yorks meistgehasster Mann

Ich war gestern in Elie Wiesels Buero, wo ich einen Freund assistierte, der eine kurze Videomessage von Herrn Wiesel fuer ein juedisches Altersheim in Buenos Aires aufnahm. Auch wenn der Nobelpreistraeger freundlich war, so war die Stimmung in der Elie Wiesel Foundation alles andere als gut. Angespannt ist vielleicht das beste Wort. Der Grund, in den Worten der gestrigen Titelseite der New York Post: "New Yorks Meistgehasster Mann".

Der nett aussehende Siebzigjaehrige auf dem Foto ist Bernie Madoff, und er hat die juedische Welt in die groesste Krise der Nachkriegsgeschichte gebracht hat.

Nach Angaben der Jerusalem Post hat Madoff etwa 600 Millionen Dollar von juedischen Hilfsorganisationen "verloren" und insgesamt mehr als 50 Milliarden Dollar von hauptsaechlich juedischen Investoren. Man geht davon aus, dass dies der groesste Betrug in der amerikanischen Finanzgeschichte ist. Dreimal groesser als damals Enron.

Hier nur ein paar Beispiele: Yeshiva University hat ueber hundert Millionen Dollar in dem Betrug verloren, Ramaz und SAR Academy, zwei weitere juedische Bildungsanstalten, haben ebenfalls Millionenverluste, neben Elie Wiesels Stiftung hat auch Steven Spielsbergs Foundation Millionen eine ungewisse Zukunft, der American Jewish Congress wird vielleicht komplett untergehen, ein juedisches Krankenhaus hat die gesamten Rentengelder ihrer Angestellten verloren, und private Stiftungen wie etwa die Carl and Ruth Shapiro Family Foundation sogar 145 Millionen Dollar. Und dies sind nur die Institutionen. Die Zahl der Privatpersonen, die wichtige amerikanisch-juedischen Philanthropen sind, kann momentan keiner Abschaetzen.

Madoff galt in der amerikanischen Finanzwelt als Genie. Er versprach einen 10% Zinssatz fuer Leute, die mit ihm investierten, doch es war gar nicht so einfach, zu Madoff zu gelangen. Durch die vielen Absagen, die er erteilte, machte der ehemalige NASDAQ Boss sich nur interessanter und jeder wollte zum auserlesenen Kreis gehoeren. Dass es sich um eine Finanzpyramide handelte, die wie ein Kartenhaus zusammen stuerzen wuerde, hatte anscheinend niemand erwartet, zumal ja gute Namen zu Madoffs Portfolio gehoerten. Wenn Elie Wiesel und Steven Spielberg bei Madoff investieren, dann werden die schon wissen, was sie tun.

Madoff verkehrte hauptsaechlich in exklusiven juedischen Kreisen, und man vertraute ihm, da er ja "einer von uns" war.

Da amerikanisch-juedische Organisationen vor allem von Philanthropie, also Privatspenden, leben, ist der Effekt dieses finanziellen Tsunami noch nicht abzusehen. Haaretz beschreibt den Skandal als etwas, das sich die schlimmsten Antisemiten nicht einmal ertraeumen konnten. (Und viele Kommentare in Onlineforen unterstreichen, dass 'Schadenfreude' Teil des amerikanischen Wortschatzes ist.)

Nicht nur Amerika wird davon betroffen sein. Einige israelische Firmen haben ebenfalls bei Madoff investiert, und weltweit sind viele Wohlfahrtsverbaende von amerikanischen Spenden abhaengig. Zwei Beispiele: Die Chais Family Foundation, die ueber 250 Millionen Dollar verloren hat und nun geschlossen wurde, half Tausenden von juedischen Rentnern in der ehemaligen Sowjetunion mit Essenspaketen und medizinischer Versorgung. Die Jewish Federation of Los Angeles, der Hauptsponsor fuer jegliche juedische Programme im Baltikum, angefangen von Programmen fuer hilfsbeduerftige Familien bis hin zu Ferienlagern, hat Millionen im Skandal verloren und es ist nicht sicher, ob sie weiterhin Gelder fuer Programme in Europa spenden wird.

Nach der Immobilien- und Wall Street Krise und dem rapiden Verlust des US Dollars (im Sommer war der Umtauschkurs sogar 1.62 zum Euro) hatte man gedacht, es haette die juedische Welt Amerikas nicht schlimmer treffen koennen. Man hat sich geirrt. Der nachhaltige Effekt, nicht nur fuer juedische Hilfsprojekte weltweit, ist noch nicht abzusehen, ebensowenig der nachhaltige psychologische Effekt durch den Vertrauensmissbrauch.

1 Kommentar:

  1. Saw a lot of journalists and photographers in front of the penthouse of this asshole. He is now home again. The address 133 E 63.

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