Montag, 31. August 2009

Diese Blog wird demnaechst hier weitergefuehrt.

Donnerstag, 23. Juli 2009

In Memoriam: Jacobo Kovadloff


Gestern erfuhr ich per E-mail, dass mein guter Freund Jacobo Kovadloff gestorben ist. Traurigerweise bereits vor einem Monat, am 18. Juni, so dass ich weder zur Beerdigung noch zur Gedenkfeier kommen konnte.
Jacobo war einer der wunderbarsten Menschen, die man sich vorstellen kann. Immer warm und herzlich, intelligent, offen, immer ein Schmunzeln oder Laecheln auf dem Lippen, politisch engagiert und immer besorgt, wenn irgendwo Unheil auf dieser Welt drohte.
Ich traf Jacobo eher zufaellig. Auf dem Annual Meeting des American Jewish Committee sah ich einen Mann mit dem Namensschild "Kovadloff", der Namen des Autors, eines meiner Lieblingsgedichte. "Sind Sie mit Santiago Kovadloff verwandt?" fragte ich ihn, und es stellte ich raus, dass Santiago sein Neffe war.
Jacobo und ich wurden Freunde. Alle paar Monate trafen wir uns zum Mittagessen, immer in einem von zwei Restaurants (entweder Japanisch oder Italienisch, obwohl letzteres sein Lieblingsrestaurant in Midtown war) und sprachen ueber das Leben, Menschen, Politik, eigentlich fast alles.
Mein Grossvater starb, als ich 16 Jahre alt war, und irgendwie bekam Jacobo, der ueber 80 war, mein Ersatzgrossvater, aber er war viel mehr als das, er war ein guter Freund.
Seitdem Leon auf der Welt ist, sah ich ihn nur zweimal. Ich bedauere das. Zum 15. Jahrestag des AMIA Attentats letzte Woche wollte ich ihn einladen, rief jedoch nicht an, da ich ein ungutes Gefuehl hatte. Anstatt ihn anzurufen, schrieb ich ihn eine E-Mail, die jedoch an mich zurueck kam. Ich wollte ihn diese Woche anrufen, um zu fragen, wie es ihm geht, doch dann bekam ich gestern die Nachricht.
Es gibt so viel mehr, dass ich ueber ihn schreiben koennte, aber momentan kann ich das nicht.
Wir vermissen Dich sehr, Jacobo!

Freitag, 17. Juli 2009

15. Jahrestag des AMIA Attentats


Gestern fand in der New Yorker Bnai Jeshurun Synagoge eine Gedenkveranstaltung fuer die Opfer der Attentate auf die israelische Botschaft und das juedischen Gemeindezentrum in Buenos Aires statt. Die Attentaeter, das ist lange bekannt, kamen aus dem Iran und befinden sich seitdem dort. Da Interpol ein "Red Card" ausgestellt hat, werden sie auch weltweit gesucht, d.h., falls sie jemals in einem anderen Land sein sollten, koennten sie verhaftet werden, doch das scheint eher unwahrscheinlich.
Bnai Jeshurun ist die angesagteste Synagoge, die jeden Kabbalat Schabbat ueber Tausend Leute hat (und die benachbarte Kirche anmietet, um die Massen zu bewaeltigen). Der Grund hierfuer die kreativen argentinischen Rabbiner der Gemeinde.
Da in Argentinien momentan die Schweinegrippe herrscht, herrscht auch Versammlungsverbot, so dass der Event in New York die weltweit groesste Gedenkveranstaltung fuer die Opfer war.
Neben Gaesten aus Argentinien sprach auch Abe Foxman von der ADL und junge Argentinier lasen die Namen der 85 Opfer des Terrorattentats bevor Rabbiner Matalon Kaddisch sagte. Eine wuerdige Gedenkveranstaltung.

Mittwoch, 1. Juli 2009

Deutschland in acht Tagen


Auch wenn es mir so vorkommt, als sei das schon so lange her, so war ich doch erst vor ein paar Wochen in Deutschland. Sieben Staedte in weniger als einer Woche: Muenster, Dusseldorf, Essen, Duisburg, Koeln, Potsdam und Berlin. Der Grund fuer die Reise: 20 Jahre nach dem Mauernfall wollte sich eine Delegation des Joint ein genaueres Bild vom juedischen Leben in Deutschland machen.
Die hochrangige Delegation, die ich betreute, traf sich unter anderem mit Vertretern der amerikanischen Botschaft in Berlin (siehe Foto), aber die eigentlichen Hoehepunkte der Reise waren die stillen Momente mit ihren wunderbaren Details, sei es Kabbalat Schabbat in Muenster oder die offizielle Einweihung des Bambinim Zentrums in Berlin.
Meine ueberraschende Momente kamen jedoch erst nachdem die Delegation ins Baltikum weitergereist war und ich mich auf den Rueckweg nach New York machte.
Erst machte ich die Bekanntschaft mit einem Berliner Taxifahrer, mit dem ich mich ueber Architektur unterhalte. Die vielen Veraenderungen in Berlin gefallen ihn nicht. Er sehnt sich nach Jugendstil und nicht nach Wolkenkratzern, und will unbedingt mal Krakau besuchen, die Stadt, aus der sein Vater stammt. Seine Mutter, erzaehlt er, kommt aus dem Nahen Osten. Nach einigem Zoegern sagt er, dass sie in Tel Aviv geboren wurde. Ja, er spricht Hebraeisch, und ja, er ist juedisch. Erstaunt darueber, dass ich auch juedisch bin, kommen wir ins Gespraech. Solomon Brandes ist 40 Jahre, kein Mitglied der juedischen Gemeinde, fuehlt sich jedoch sehr juedisch (er zeigt mir stolz seine Kette mit seinem Davidstern).
Im Flugzeug sitzt ploetzlich links von mir Yehuda Teichtal, der Chabadrabbiner aus Berlin, der leider nicht zur Bambinim Eroeffnung kam, und wir unterhalten uns, die Frau, die in der Reihe vor ihm schlaeft, so stellt sich heraus, ist eine alte Freundin, die heute in LA lebt, jedoch in Berlin war, wo sie einen Preis fuer ein Radioprogramm entgegen nahm. Kleine Welt der Zufaelle. Warum wir alle im selben Flugzeug so nah bei einander sassen, kann keiner genau erklaeren. Coincidences are God's way to stay anonymous.

Mittwoch, 20. Mai 2009

Fotos aus Kolumbien


Anfang des Monats war ich in Kolumbien. Eine Reise nach Kolumbien ist immer auch eine Reise in eine Vergangenheit, die zwar nicht meine ist, jedoch eine Spurensuche, die mich zu meinen Wurzeln fuehrt. Kolumbien ist das Land, in dem meine Eltern geboren wurden, das Land, das meinen Grossvaetern vor, und meiner Grossmutter muetterlicherseits nach der Shoah zur neuen Heimat wurde. Kolumbien ist auch das Land, in dem ich mehr Verwandtschaft habe als in Europa oder in den USA, auch wenn ich diese kaum kenne. Erst zweimal war ich zuvor in Kolumbien. Das erste Mal, feierte ich meinen 21. Geburtstag dort, das zweite Mal ist schon ueber zehn Jahre her.
Der Grund meiner Reise war eine Konferenz in der Karibikstadt Cartagena, und ich beschloss, zwei Tage zuvor Bogota zu besuchen, wo ich auch drei der Cousins meiner Mutter traf (zwei davon hier im Bild, doch mehr zu dem Foto gleich).
Dass eine Reise nach Kolumbien auch immer eine Reise zu den eigenen Wurzeln ist, zeigte sich schon am Flughafen in Newark, als ich die Sonia traf, die mit Miguel, einen Cousin von meiner Mutter, verheiratet ist und den selben Flug nach Bogota hatte wie ich. Es kann gut 15 Jahre her sein, dass ich sie getroffen habe, aber mein fotografisches Gedaechtnis liess mich sie erkennen. (Fotografisches Gedaechtnis heisst, dass ich mich an die Fotos erinnere, die ich gemacht habe.)
Das Zusammentreffen war Zufall, oder vielleicht auch Schicksal (das haengt von der individuellen Perspektive ab), und mein Aufenthalt hatte weitere Zusammenkuenfte, die ebenfalls unerwartet waren. Ein Beispiel war, dass ein anderer Cousin, Leonardo (hier links im Bild), der eigentlich in Costa Rica lebt, ebenfalls fuer ein paar Tage in Bogota war (er kam einen Tag nach mir an) und wir uns daher treffen konnten. Zuvor war er in New York gewesen, wo wir uns leider verpassten.
Neben Leonardo findet sich hier Benno, sein juengerer Bruder, im Bild, dessen Sohn vor Jahren entfuehrt und trotz Loesegeldzahlung wohl von seinen Entfuehrern ermordet wurde. War Benno das letzte Mal als ich ihn sah ein energischer Typ gewesen, so war dieser Cousin meiner Mutter heute ein gebrochener Mann in einer Aura von Melancholie.
Das Foto, das Benno in seiner Hand haelt, zeigt die beiden als Kinder. Es stammt aus einer Schatztruhe. Zugegeben, es handelt sich nicht um eine Truhe, sondern um eine Tuete, und bei dem Schatz handelt es sich nicht um Gold, sondern um Fotos, einige davon aus den 30er Jahren, die im alten Haus des mittlerweile verstorbenen Bruders meine Grossmutter waren. Viele Bilder wurden von meiner Oma verschickt, die oftmals auf der Rueckseite der Bilder aufschrieb, wer auf dem Foto ist und wann es aufgenommen wurde.

Freitag, 15. Mai 2009

Make Some Noise


Durch Zufall entdeckte ich kuerzlich die Musikseite Shemspeed , die ein weites Spektrum von moderner juedischer Musik praesentiert, darunter auch dieser britische Song. Neben den schon bekannteren Musikern wie YLove finden sich auch mir bisher nicht bekannte Liedermacher mit guten Rhythmen. Viel Spass beim Rumstoebern.

Montag, 11. Mai 2009

Muttertag


Gestern war Muttertag. Nicht ueberall auf der Welt, aber zumindest in den USA und Deutschland, und das amerikanische Jewish Women's Archive hat zu diesem Anlass dazu eingeladen, Fotos von juedischen Muettern auf eine Flickr-Seite hochzuladen. Das Ganze ist eine interessante Mischung aus zeitgenoessischen und antiken Fotografien. Schaut einfach selbst (hier der Link).

Samstag, 2. Mai 2009

Tribeca Koch Forward





Als der Forward 2007 seinen 110 Geburtstag feierte, wurde ich beauftragt, fuer das Buch "A Living Lens" prominente New Yorker Juden zu fotografieren. Mein erstes Shooting war mit dem ehemaligen Buergermeister von New York, Ed Koch, den ich in der Lower East Side bei Katz' Deli fotografierte.
Koch ist schon ein etwas seltsamer Kautz und das Fotoshooting war auch etwas seltsam (er war nicht gerade nett, aber auch nicht wirklich unfreundlich), aber er ist dem Forward seit langem verbunden und hat erst kuerzlich auf der Blog des Forwards eine Kolumne gehabt, fuer die man ihm Fragen schicken konnte, die er beantwortet (in alter Forwardtradition des sogenannten Bintel Brief, Zuschriften, die Anfang des letzten Jahrhunderts von Lesern an die (damals jiddische) Zeitschrift geschickt wurden. Seine Liebe zum Forward ist ein Indiz fuer seine Liebe zum Judentum, und da der nun 84jaehrige weder Kinder noch eine Frau hat, plant er schon einmal vor und hat bereits sein Grab (samt Grabstein) vorbereitet, man muss nur noch das Todesdatum ausfuellen (wuenschen wir ihm, dass dies noch ein paar Jahre Zeit hat). Klingt unglaublich? Dann lest einfach hier.
Aber zurueck zu meinem Foto. Das Bild wurde vom Forward wieder benutzt, siehe hier, und wurde dort einer Filmemacherin entdeckt, deren Assistent mich kontaktierte und anfragte, ob sie es fuer ihre Dokumentation "Blank City" benutzen koennte. "Blank City" ist ein Film ueber die Independent Filmszene der spaeten 70er Jahre. Jim Jarmusch und Steve Buscemi sind nur zwei der Leute, die hierfuer interviewt wurden. Der Film premierte auf dem Tribeca Film Festival und Lisa und ich sahen ihn gestern. Zugegeben, einige Edits sind noch notwendig, um die Dokumentation interessanter zu machen, aber das war sekundaer. Auf dem Tribeca Filmfest zu sein, war schon aufregend, und mein Foto auf der grossen Leinwand kristallklar zu sehen ziemlich cool.
Only in New York...

Mittwoch, 29. April 2009

Aladdins Bibliothek


Die verrueckten Worte des iranischen Praesidenten und anderer Politiker aus islamischen Laendern waehrend der Konferenz in Durban waren keine Ueberraschung, auch wenn sie schockierend waren. Wenn diejenigen, die die Politik ihres Landes bestimmen, schon solche kompromislosen Meinungen vertreten, was kann man da vom einfachen Mann auf der Strasse erwarten?
Ein neues Projekt versucht jetzt, der Holocaustleugnung in islamischen Laendern entgegenzutreten. Die sogenannte "Aladdin Library" publiziert kostenlos online Buecher wie etwa das Tagesbuch der Anne Frank, die u.a. auf Arabisch und Farsi zum Runterladen zur Verfuegung stehen.
Ich bin zwar skeptisch, ob diese Buecher wirklich mehr Leser finden als die jeweiligen Uebersetzungen der Protokolle der Weisen von Zion, aber es ist wohl besser, als gar nichts zu unternehmen.

Donnerstag, 23. April 2009

Durban II

Ich muss zugeben, als ich 2001 an der UN Antirassismuskonferenz in Durban, Suedafrika, teilnahm, war dies ein traumatisches Erlebnis. Nie zuvor hatte ich eine solche Konfrontation mit Antisemitismus (und auch nie danach hatte ich so etwas wie in Durban). Durban war ein Albtraum und wenn ich zuvor noch die Hoffnung hatte, dass es jemals Frieden mit Israels muslimischen Nachbarn geben koenne, so zerbrach diese Hoffnung angesichts des fanatischen Hasses, der unserer kleinen Delegation aus Bruessel entgegen gebracht wurde.
Dieses Mal scheint alles anders zu sein. Die juedischen Studenten sind sehr gut vorbereitet und machen positive Schlagzeilen wie etwa in der heutigen JTA Story von Michael Jordan. Ein gravierender Unterschied ist wohl auch, dass die Konferenz in der Schweiz stattfindet, was automatisch alles etwas gesitteter macht.
Und trotzdem, die Worte von Irans Praesident, gehalten einen Tag vor Yom HaShoah, dem Holocaustgedenktag Israels, erscheinen wie ein Geburtstagsgeschenk fuer Adolf Hitler. Traurig, erschreckend, widerlich. Klar, es stehen Wahlen an im Iran, aber dies ist mehr als nur Wahlkampf, dies ist Fanatismus, der nur boeses erahnen laesst.
So schockierend sein Auftritt in diesem Zirkus der UN auch war, so erfreulicher ist es zu sehen, dass junge Studenten aus ganz Europa dem entgegen wirken.

Montag, 20. April 2009

Shanghai

Das Interesse an China ist gross. Und es wird immer groesser. Zumindest in den USA. Und da in Nordamerika die groesste juedische Diaspora lebt, verwundert es nicht, dass auch das Interesse an Chinas juedischer Geschichte immer groesser wird. Der israelische Fotojournalist Dvir Bar-Gal, der seit 2001 in Shanghai lebt, ist nicht nur darum bemueht, die Erinnerung an etwa die von der kommunistischen Regierung vernichteten juedischen Friedhoefe wieder herzustellen, nein, er bemueht sich auch, diesen ein Denkmal zu errichten. JTA berichtet ueber ihn.
Bar-Gal hat auch eine Website, ueber die man organisierte Fuehrungen auf den Spuren juedischer Geschichte Shanghais buchen kann. Lohnenswert, wenn es Euch mal dahin begeben sollte.

Freitag, 3. April 2009

Donnerstag, 2. April 2009

Alles (28) Jahre wieder


Alle 28 Jahre, jedes Mal am gleichen Wochentag, kehrt die Sonne genau zu jener Position zurück, in der sie am vierten Tage der Schöpfung geschaffen wurde. Anlässlich dieses besonderen Ereignisses gibt es einen speziellen Segen, der Birkat Hachama -“Segen für die Sonne”- genannt wird. Dieses Jahr ist Birkat Hachama am 8. April, was dieses Pesach etwas ganz besonderes macht.
Auch dieses Jahr gibt es wieder viele niedliche Videos zum Exodus, siehe hier, und meine Frau fragt sich, wie wir unsere eigenen Pesachtraditionen kreieren koennen (siehe hier).
Mir scheint es, dass die eigentliche Tradition ist, dass wir den Seder mit meinen Eltern verbringen werden. Am 8.4. landen wir naemlich - so G-tt will - in Deutschland und verbringen Pesach mit meiner Familie. Ist zwar nicht unsere eigene Tradition, aber trotzdem eine schoene Tradition.
Tradition ist es auch, dass wir alle verschiedene Hagadot haben werden und es nicht unbedingt die Sederordnung gibt, da wir uns ad hoc einigen muessen, was wir als naechsten machen. In New York gibt es uebrigens mal wieder eine neue hippe Hagada (siehe hier) und ebenso in LA (Popkultur laesst gruessen, siehe hier).
Egal welche Hagada, ich wuensche Euch allen ein frohes Pesach und melde mich nach den Feiertagen wieder.

Freitag, 27. März 2009

Oxford


Ich war letzte Woche in Oxford auf einer Konferenz. Oxford ist vielleicht nicht die juedischste aller Staedte, aber im Angebot der verschiedenen Walking Tours durch die Stadt findet sich auch eine juedische Tour, die dem Besucher das mittelalterliche, juedische Viertel nahe bringt -- zugegeben, man muss viel Fantasie mitbringen, da nicht allzu viel zu sehen ist. (Ich spazierte zunaechst ohne Plan durch Oxford und kam, ohne es zu wissen, zum ehemaligen juedischen Friedhof -- heute der Botanische Garten -- und das juedische Viertel und den Ort, an dem die erste Synagoge stand -- heute die Strasse, wo sich das Museum of Modern Art befindet.)
Neben dem Hier-war-Mal und Hier-war-Mal gibt es jedoch, etwas ausserhalb der universitaeren (und touristischen) Altstadt einen Ort, der durch eine Plakete als juedischer Ort gekennzeichnet ist. Nein, hier handelt es sich nicht um eine Synagoge oder Friedhof, sondern der Ort, an dem ein Mitglied der juedischen Gemeinde auf den Scheiterhaufen endete, da er seinen Glauben nicht verleugnen wollte. Die Plakete, die sich an einem heruntergekommenen Portal eines ehemaligen Konvents unweit vom Hafen findet, wurde 1931 von der juedischen Gemeinde errichtet und ist relativ schwer zu finden. Ausgestattet mit einen alten Stadtplan irrte ich nahezu eine Stunde herum, bevor ich den Ort fand, der irgendwie anziehend und gleichzeitig unbeeindruckend auf mich wirkte.

Dienstag, 10. März 2009

Der bulgarische Purim


Der 10. Maerz ist ein Feiertag in Bulgarien. An diesem Tag wurde 1943 die Rettung der bulgarischen Juden beschlossen. Bulgarien, ein Verbuendeter der Nazis, wurde vom Deutschen Reich gezwungen, seine Juden zu deportieren. Dem bulgarischen Volk war bewusst, was eine solche Deportation bedeuten wuerde. Es kam zu einen zentraler Protest, Hunderttausende von Bulgaren setzten sich fuer ihre juedischen Freunde, Nachbarn, Mitbuerger ein. Der Patriarch von Plovdiv sagte sogar: "Wenn ihr die Juden deportieren wollt, dann nimmt mich ebenfalls mit." (Der bulgarische Koenig hingegen blieb passiv.)
Die bulgarischen Juden wurde nicht in Vernichtungslager geschickt, jedoch teilweise zu Zwangsarbeit gebracht, die man jedoch nicht mit dem Joch, das andernorts in Europa geschah, vergleichen kann.
Ein Teil des "Deals", der zur Rettung der bulgarischen Juden gehoerte, war jedoch die Deportation der makedonischen Juden, von denen 98% in der Schoah ermordet wurden. Als in Jad Waschem ein Gedenkstein fuer die Errettung der bulgarischen Juden aufgestellt wurde, in der auch der Koenig gelobt wurde, kam es zu einem Protest aus der damals jugoslawischen Republik Makedonien, so dass die Gedenksteine nach Bulgarien gebracht wurden.
Trotz guter Beziehungen kam es nach dem 2. Weltkrieg Massenauswanderung von bulgarischen Juden. Zionistische Gesinnung, nicht Antisemitismus brachte bulgarische Juden nach Israel.
Heutzutage leben lediglich ein paar Tausend Juden im Land, die aeltere Generation spricht noch Ladino, da Bulgariens Juden urspruenglich (nach 1492) aus Spanien kamen, und die aktivsten Gemeinden finden sich in der Hauptstadt Sofia und in Plovdiv.
Sofias Synagoge gehoert zu den beeindruckendsten in Europa und ist ein Symbol der Stadt, die sonst eher postsowjetisch-provinziell wirkt. Am 9. September 2009 wird die grosse (und heutzutage einzige) Synagoge von Sofia ihren 100. Geburtstag feiern, und die Renovierungsarbeiten haben schon begonnen, die alte Dame zu ihrer urspruenglichen Pracht zurueck zu bringen.
Angesichts der bedeutenden Geschichte des Landes hat Sofia dies auch verdient.

Montag, 9. März 2009

Hebrew Mamita

613 Zahlenspiele zum 35. Geburtstag

Am Freitag hatte ich Geburtstag, und dies war genau der Tag, an dem ich 613 Freunde in meiner Facebookliste hatte. Eine Zahlenkombination, die nur fuer einen Tag anhielt, als ich neue Freunde bestaetigte. Fuer kurze Zeit ueberlegte ich, ob ich von nun an diese Zahl beibehalten sollte, und Leute, die ich nur fluechtig kenne, jedoch als Freunde in meiner Liste akzeptierte, aus meiner Liste streiche, um so die mystische Zahl beizubehalten (eine Entscheidung ist noch nicht gefallen).
613 ist die Zahl der Ge- und Verbote im Judentum, und neben der Zahl 18 eine der Zahlen, die gerne im kabbalistischen Kontext benutzt werden.
Auch wenn es aus diversen Gruenden zunaechst nicht an meinen eigentlichen Geburtstag dazu kam, ueberraschte mich Lisa am Samstag mit neuen Perspektiven, in dem sie mir einen Hubschrauberflug ueber New York zum Geburtstag arrangierte. Wirklich genial.
Ich bin nun im 36. Lebensjahr angekommen (meinen 36. feiere ich also naechstes Jahr) und wer weiss, welche anderen Lebenserfahrungen noch auf mich warten. Man kann gespannt sein.

Freitag, 6. März 2009

Jewish Women's Archive online


Das Jewish Women's Archive hat diesen Monat eine neue Website ins Leben gerufen. Es handelt sich um die Onlineversion von "Jewish Women: A Comprehensive Historical
Encyclopedia", das vor ein paar Jahre von Paula Hyman (Yale) und Dalia Ofer (Hebrew University) herausgegeben wurde.

Die beeindruckende Enzyklopaedie ist nun kostenlos online einsehbar, mit ueber 1.700 Biographien von Hannah Arendt bis zur biblischen Ruth. Die Website lohnt sich nicht nur wegen den ueber 1.400 Fotos und 300 Essays, sondern auch deshalb, da es nie zuvor eine so interessante Studie zu Frauen im Judentum gegeben hat. Etwas, das es so in Buchform nie geben koennte.

Empfehlenswert.

Mittwoch, 4. März 2009

Kuba

Dieses Jahr ist in Kuba das Revolutionsjahr. Vor 50 Jahren uebernahmen Castro, Che und Genossen das Land. Wohin man auch schaut, die Revolution und der mittlerweile zurueckgetretene Maximo Lider ist allgegenwaertig.
Interessanterweise koennen Amerikaner trotz Embargo nach Kuba reisen, auch wenn das nicht ganz so einfach ist. Unter einer sogenannten religious license kann man Kuba besuchen und den dortigen Religionsgemeinschaften helfen. Direktfluege gibt es von Miami -- auch wenn das so gut wie niemand weiss. Und dann sind da natuerlich auch die Kubaner, die in Florida leben und ihre Verwandte besuchen wollen, was unter der Bush Regierung schwieriger und nun unter Obama wieder vereinfacht wurde.
Zwischen 800 und 1.200 Juden leben heute noch auf Kuba, viele in Mischehen, und es gibt in der Hauptstadt Havanna sogar drei aktive Synagogen.
Spenden aus den USA, Kanada und anderen lateinamerikanischen Laendern wie Panama und Mexiko unterstuetzen die kleine, jedoch sehr aktive Gemeinde auf Kuba. Ein interessanter Beitrag von mir hierzu kann auf der JCCenters Website gefunden werden samt Fotos.

Donnerstag, 19. Februar 2009

Valmadonna


Der Name Valmadonna klingt alles andere als juedisch, doch dahinter verbirgt sich die wahrscheinlich wichtigste Privatsammlung hebraeischer und juedischer Literatur der Welt, die heute das letzte Mal oeffentlich zu sehen ist, bevor sie bei Sotheby's versteigert wird.
Etwa 13.000 Buecher und Manuskripte umfasst diese beeindruckende Sammlung, darunter auch solche Rarietaeten wie ein niederlaendischer Zeitungsbeitrag zu Schabtai Zvi aus dem Jahr 1666, der Monate vor der Konversion des falschen Messias erschien. Viele Werke sind die einzigen Ueberlebenden von Zwangsverbrennungen juedischer Buecher, wie etwa ein Manuskript aus dem 12. Jahrhundert, das erste auf dem afrikanischen Kontinent gedruckte Buch oder aus Indien stammende juedische Buecher, die in Urdu gedruckt wurden.
40 Million Dollar soll diese Sammlung kosten, und sie darf nur zusammen verkauft werden, da Jack Lunzer, der Besitzer, will, dass eine Universitaet oder Buecherei diese Buecher auch weiterhin der Oeffentlichkeit als Ganzes zugaenglich machen soll. Die New York Times berichtete vor kurzem ueber die Sammlung des 1924 geborenen Lunzer, der eine Villa in der italienischen Stadt Valmadonna besitzt, in der die Sammlung lange aufbewahrt wurde.
Fuer all diejenigen, die nicht wie ich das Glueck hatten, diese Sammlung mit eigenen Augen zu sehen, hier ein Link zum Katalog.

Dienstag, 17. Februar 2009


Das Joint Distribution Committee, besser bekannt als "der Joint", hat eine neue Initiative, um juengere Menschen fuer die Arbeit dieser Organisation zu interessieren. Heute startet eine Serie von informellen Treffen, die die weltweite Arbeit des Joints vorstellt. Themenschwerpunkt des ersten Treffens: Deutschland. Ich bin als einer der Redner eingeladen, und was koennte passender sein als sich im Loreley Restaurant/Biergarten zu treffen?

Donnerstag, 12. Februar 2009

Shanghai


Das National Public Radio (NPR) hat eine interessante Reportage ueber Shanghai gehabt. Dort sollen einige historische Gebaeude im ehemals juedischen Viertel abgerissen werden, um Platz fuer die Strassenerweiterung zu machen. In den 30er Jahren war Shanghai einer der wenigen Orte, der juedische Fluechtlinge ohne Visas aufnahm, und kamen etwa 20.000 von ihnen dorthin und rekonstruierten ihre melancholische Replik von deutsch-juedischer Kultur, darunter auch das Restaurant "Zum Weissen Roessl" (siehe Foto).
Seit ein paar Jahren hat Shanghai auch einigen juedischen Tourismus angelockt, doch der koennte jetzt unter dem Abriss leiden. Eine interessante Diashow zeigt Bilder aus dem damaligen und heutigen Shanghai.

Dienstag, 10. Februar 2009

Old Jews Telling Jokes


Was ist juedischer Humor? Eine neue Website "Old Jews Telling Jokes" illustriert dies mit kleinen Videofilmen, in denen alte Juden und Juedinnen Witze erzaehlen. Nicht immer lustig, aber hat ihren Charm.

Donnerstag, 5. Februar 2009

Mittwoch, 4. Februar 2009

Das Pogrom von Caracas


Ich erinnere mich, als ich vor Jahren in Caracas Freunde von meinen Vater besuchte, war ich so beeindruckt von dem Land und der juedischen Gemeinde, dass ich einen Beitrag fuer die Juedische Allgemeine schrieb, der mit einem Zitat anfing, das Venezuela als Paradis fuer Juden bezeichnet.
Das ist nun vorbei. Seit etwa zehn Jahren regiert Hugo Chavez das Land, ein gefaehrlicher Demagoge, der nicht nur unberechenbar ist, sondern auch ein sehr guter Freund vom iranischen Praesidenten. Sein antiisraelischer Standpunkt, oftmals vermischt mit antijuedischen Untertoenen, ist daher auch ein Freundschaftsbeweis Richtung Teheran.
Was heisst das konkret? Seit dem zweiten Libanonkrieg hat Venezuela keine Touristenvisas mehr ans Israelis vergeben, in den Nachrichten wird Israel als Schurkenstaat demonisiert, als 2002 ein Militaercoup fehlschlug, beschuldigte Chavez den Mossad hinter diesen "zionistischen Komplott" als ob er gerade die Lektuere der Protokole der Weisen von Zion fertig beendet haette. In seiner Weihnachtsansprache 2005 beschuldigte Chavez "eine Minderheit, ihr wisst schon, diejenigen, deren Vorfahren Jesus ans Kreuz genagelt haben" sich "den Reichtum der Welt unter sich aufteilen."
Chavez Antisemitismus hat ihn viel Ehre in der muslimischen Welt eingebracht, so wurde er 2006 waehrend seiner Visite in Lybien mit dem Gaddafi Preis fuer Menschenrechte (ja, das klingt wie ein Widerspruch an sich), aber auch viele Wirtschaftspartner.
Der letzte Konflikt in Gaza brachte nun einen Hoehepunkt in antijuedischer Rhetorik. Chavez sprach vom "israelischen Barbarentum", nannte die Aktionen in Gaza "Holocaust" und "Genozid". Venezuelas Juden (namentlich einige Rabbiner) wurden als Kindermoerder bezeichnet, da sie Israel nicht verurteilen.
Dies sind nicht verrueckte Demonstranten, die den Nahostkonflikt als Fussballspiel sehen, bei dem man sich fuer eine Seite entscheidet, nein, dies ist der Praesident eines Landes.
Es ueberrascht daher nicht, dass es zu einem Pogrom in Caracas kam. Am Montag besuchte ich eine Demonstration in Solidaritaet mit der juedischen Gemeinde in Venezuela, die nun in Angst lebst, da Daten ueber die Gemeindemitglieder gestohlen wurde.
Am 15. Februar ist ein Referendum darueber, ob Chavez Praesident auf Lebzeit sein kann, etwas, das der Diktator schon lange will. Das letzte Referendum verlor Chavez 2007, und Schuld gab er natuerlich den Juden.
Die Sorge der etwa 12.000 Juden, die noch im Lande leben waechst.

Freitag, 30. Januar 2009

Lippenbekenntnisse


Wie jedes Jahr, war ich auch dieses Jahr Fotograf auf der offiziellen UN Holocaust Gedenkveranstaltung und anschliessend bei der Podiumsdiskussion, die von B'nai B'rith organisiert wurde (auf dem Foto Daniel Mariaschin, Direktor von B'nai B'rith mit den Goldbergers, er aus Wien, sie aus Berlin, und die beide dank des Kindertransports gerettet wurden).
Wie jedes Jahr, war es eine beeindruckende Veranstaltung, und wie jedes Jahr erzaehlte eine Ueberlebende ihre Geschichte. Ich will die Details ersparen, jedoch nur erwaehnen, dass sie als kleines Maedchen mit ansehen musste, wie zunaechst ihr Vater, dann ihr Bruder und zuletzt ihre Mutter an Typhus starben, letztere wurde von Hunden gegessen, da niemand die Leiche weg brachte.
Bewegende Geschichten, jedoch brachte Rabbi Lau, der aus Israel Gast war, es auf den Punkt. Was hat sich wirklich geaendert? Antisemitismus ist sehr lebendig, Genozide folgten auf die Schoah (auch wenn die systematische Vernichtungskampagne einzigartig in der Geschichte ist), und taeglich sterben etwa 18.000 Kinder weltweit an Hunger, was nicht einmal eine Schlagzeile wert ist. Und was macht die UN?
Daniel Schwammenthal hat sich im Wall Street Journal sehr kritisch gegenueber den Lippenbekenntnissen solcher Veranstaltungen geaeussert (der Beitrag kann hier nachgelesen werden).

Samstag, 24. Januar 2009

Florida


Januar ist "Jewish Heritage Month" in Florida. 16% der amerikanischen Juden lebt heute in Florida, nach New York und Kalifornien hat der Sonnenstaat die dritthoechste juedische Gemeinde (man geht von mindestens 850.000 Juden aus) und Suedflorida mit 15% Bevoelkerungsanteil die zweitgroesste Konzentration von Juden (nur in Israel leben prozentual gesehen mehr Juden).
Wer jedoch denkt, dass "Judentum in Florida erst ein Phaenomen der Nachkriegszeit ist, irrt sich," erklaert Marcia Jo Zerwitz, die Gruenderin des Juedischen Museums in Florida. Marcia stammt urspruenglich aus West Virginia und kam in den 60er Jahren mit ihrer Familie nach Florida. In Orlando war sie lange Zeit in der juedischen Gemeinde aktiv und wurde 1971 als eine der ersten Frauen Vorsitzende ihres Landesverbands. In den 80er Jahren fing sie an, juedisches Erbe in Florida zu dokumentieren. "Ich kam mir vor wie ein Detektiv, der Geheimnisse entschluesselt."
Erst 1763, nachdem die Spanier die Kontrolle ueber den Sueden verloren, wurde es Juden gestattet, sich im heutigen Florida anzusiedeln. David Levy Yulee wird allgemein als Architekt des Staates Florida angesehen. Als Florida 1845 der 27. Staat der Vereinigten Staaten wurde, wurde er Floridas erster Senator in Washington. Nur ein Beispiel fuer den Beitrag juedischer Buerger in Florida.
Die Wanderausstellung Mosaic dokumentierte zwischen 1990 und 1994 die Geschichte Floridas Juden. Der Erfolg der Ausstellung ueberzeugte Marcia, eine Heimat fuer die Ausstellung zu finden. In South Beach, dem Suedzipfel von Miami Beach, lange Zeit eine sehr juedische Nachbarschaft, fanden sich zwei historische Synagogen im desolaten Zustand und sollten abgerissen werden. Kubanische Gangster machten die Gegend unsicher und Miami Vice brachte ein verschoentes Bild des Chaos in die Wohnzimmer von Millionen von Zuschauern. Ein Museum dort aufzumachen war ein Risiko. Doch es lohnte sich.
Heute kommen pro Jahr 400.000 Besucher aus ueber 30 Laendern in das Museum. Sehenswert, nicht nur im Januar.

Donnerstag, 22. Januar 2009

Unter Bauern


Ich liebe das Internet. Nein, wirklich. Man weiss nie, welche Ueberraschung auf einen wartet. Auf Facebook,beispielsweise, bekam ich einen "Friend Request" von Lia (siehe Foto), die ich bestimmt seit mehr als zehn Jahren nicht mehr gesehen habe. Lia ist aus meiner Gemeinde in Muenster, und wie ich nun weiss, ist sie mittlerweile Schauspielerin und lebt in Muenchen. Aber was noch interessanter ist, ist, dass sie gerade einen Film gedreht hat, der voraussichtlich im April ins Kino kommt und der auf dem Buch "Retter in der Nacht" von Marga Spiegel basiert. Die 1912 geborene Marga ist ebenfalls aus meiner Gemeinde in Muenster und sie ueberlebte die Shoah im Versteck, "unter Bauern".
Diethard Aschoff schreibt in seiner Einleitung zu dem Buch: »Anders als in den übrigen autobiographischen Aufzeichnungen wird hier das Überleben einer dreiköpfigen Familie in der Heimat beschrieben, das außerordentlich seltene Untertauchen in Westfalen selbst. Die ›Retter in der Nacht‹ sind verschiedene Bauernfamilien im südlichen Münsterland, denen später in Yad Vashem, der Jerusalemer Gedenkstätte des Staates Israel an Holocaust, die große Ehre zuteil wurde, daß ihre Namen als Judenretter an Bäumchen angebracht wurden. In dem warmherzig geschriebenen Überlebensbericht überwiegt die Dankbarkeit gegenüber Gott und denen, die sie in Todesgefahr bewahrten. Das ›andere‹ Deutschland vertraten nicht hochgestellte Persönlichkeiten oder herausragende Intellektuelle, sondern einfache fromme Bauern des Münsterlandes, die in dämonisch verhetzter Zeit trotz selbsteigener, oft abgründiger Angst ihrem Gewissen und Glauben folgten. Marga Spiegel versteht es, in differenzierter Schilderung diese namenlose Angst vor der stets gegenwärtigen, jedoch unsichtbaren Gefahr, von der sie schreibt, auch bei ihren Rettern unmittelbar nachempfinden zu lassen. (...) Obwohl das Ehepaar Spiegel im Holocaust 37 Verwandte verlor und aus der Großfamilie niemand außer ihnen überlebte, kann ‹Retter in der Nacht‹ ein versöhnliches, ja fast ökumenisches Buch genannt werden, nicht aus der nach dem Kriege manchmal etwas krampfhaft beschworenen ›Brüderlichkeit‹ heraus, sondern in dankbarer Erinnerung an die überzeugend gelebte christliche Grundhaltung ihrer Retter, die half, auch den Glauben der Jüdin zu festigen. Vom Inhalt ‑ Überleben im Untergrund ist in dieser Form in Westfalen sonst nicht bezeugt – als auch vom Geist und der Gesinnung her ist darum das schmale Bändchen nicht nur ein bemerkenswertes, sondern geradezu einzigartiges Zeitdokument für Westfalen.«
Marga wird in der Kinoverfilmung von Veronica Ferres (siehe Foto mit Marga Spiegel) gespielt (hier ein Interview mit ihr). Bin schon gespannt auf den Film...

Dienstag, 13. Januar 2009

Sderot in Genf


Liraz Madmony, eine 23jaehrige Jurastudentin aus Sderot, sprach gestern in Genf auf einer Sondersitzung des UN Human Rights Councils. Liraz Auftritt wurde von der European Union of Jewish Students organisiert, einer Organisation, fuer die ich mehrere Jahre gearbeitet habe. Liraz sprach ueber den Alltag unter fast taeglichen Beschuss von Raketen, die von der Terrororganisation Hamas nach Israel abgeschossen werden und bat die UN, dafuer zu sorgen, dass die Gewalt beendet wird: "I dream of the hometown that I remember. When the park near my house was filled with happy families and children playing. When people enjoyed life. I still dream of peace. It will come when the rulers of Gaza choose humanity over hate, when they stop firing on our children while hiding behind their own.... Mr. President, who will protect our most basic human rights?" Das Video kann hier angesehen werden.

Montag, 5. Januar 2009

New Yorks Buergermeister ueber den aktuellen Konflikt in Gaza


New Yorks Buergermeister Michael Bloomberg ist momentan in Israel und wurde von CNN ueber die aktuellen Konflikt in Gaza befragt. Souveraener als andere Kommentatoren aeusserte sich Bloomberg und vertrat wohl die Meinung der meisten New Yorker. Das Interview kann hier gesehen werden.

Synagogen in Suedtransilvanien

Ich traf letzte Woche Julie Dawson, eine in Rumaenien lebende Amerikanerin, die momentan in New York ist, um morgen eine beeindruckende Fotografieausstellung ueber Synagogen in Suedtransilvanien zu eroeffnen.

Obwohl Julie erst seit knapp zwei Jahren in Rumaenien lebt, wo sie fuer den Peace Corps arbeitet, ist sie bereits eine zentrale Figur geworden, was juedische Kultur in diesem Teil von Rumaenien angeht. "Es herrscht hier sehr viel Unwissen," erklaert die 30jaehrige, "und gerade daher ist es wichtig, sich zu oeffnen." Viele der Veranstaltungen, die sie organisiert, von Klezmerkonzerten bis zu Seminaren, finden in Cafes und anderen oeffentlichen Orten statt, jedoch nicht hinter verschlossenen Tueren. Ja, Antisemitismus gaebe es, aber der sei nicht das Problem, sondern Ignoranz. Als sie vor einem Jahr ihren Schuelern das Chanukahfest erklaerte, waren viele zunaechst negativ eingestellt und wollten nichts von diesen juedischen Dingen wissen, doch dieses Jahr waren die selben Schueler begeistert von der Musik und der Tradition des Lichterfestes. Auf einer Konzerttour von Klezmermusikern aus Deutschland, die Julie organisierte, stellten viele nichtjuedische Besucher fest, dass die Musik sehr an ihre "eigene" Musik erinnert, und juedische Besucher dankten ihr, dass sie wieder Freude in die oftmals nahezu vergessenen Synagogen von Transilvanien, die nun als Konzerthalle fungierten, brachte.

Julies Einsatz und Enthusiasmus ist beeindruckend. All ihre juedischen Aktivitaeten erledigt sie in ihrer "Freizeit". Und es wirkt gleich noch beeindruckender, wenn man weiss, dass sie nicht juedisch ist. Ironischerweise hat Julie ihre Liebe fuer die Klezmermusik und jiddische Kultur in Deutschland gefunden. Bevor sie nach Rumaenien zog, lebte die gebuertige Texanerin sechs Jahre in Berlin und machte dort die Bekanntschaft mit verschiedenen Klezmermusikern, von denen die meisten nicht juedisch sind. [Erinnert ein bisschen an Ruth Ellen Grubers Buch "Virtually Jewish".]

Die Ausstellung mit den wunderbaren Bildern (ein Beispiel sieht man hier) wird morgen im Congress for Jewish Culture, 25 East 21st Street in Manhattan mit einem Klezmerkonzert eroeffnet. Sehenswert.

Freitag, 2. Januar 2009

Die letzte Synagoge von Detroit


Vor ein paar Wochen fotografierte ich fuer den Forward ehemalige Synagogen in der Lower East Side und dem East Village. Letzte Woche erschien dann im Forward die Story mit meinen Bildern, jedoch anders als zunaechst geplant. Ging es zunaechst darum, dass die Lower East Side immer mehr von ihrem Charakter verliert, so ging es jetzt darum, dass aufgrund der Wirtschaftskrise momentan Baustopp herrscht und das vielleicht den historischen Charakter der Gegend rettet.
Eine aehnliche, und doch ganz andere Geschichte fand sich vor kurzem in den Detroit News. Detroit hatte, was viele nicht wissen, in den 50er Jahren eine der groessten juedischen Gemeinden in den USA.
Die Stadt selber war in den 90er Jahren eine Geisterstadt. Alles, was in den USA falsch laufen kann, ist hier falsch gelaufen. Das Stadtzentrum war eine gefaehrliche Gegend, die man lieber vermeidet, und in dem wirklich nur lebt, wer sich nichts anderes leisten kann, und die eigentlichen Wohngegenden sind die 'burbs, die Suburbs, Vororte mit uniformen Haeusern, verbunden durch Autobahnen, an denen sich sogenannte Strip Malls finden, uniforme Einkaufszentren, die man mit dem Auto erreichen kann. Oeffentliche Verkehrsmittel existieren so gut wie gar nicht. Detroit, das ist Motown, das Motor City, hier findet sich die Autoindustrie, hier spaziert man nicht, hier wird gefahren.
Wie auch in der Bronx, finden sich in Detroit hunderte von ehemaligen Synagogen, die vor ein paar Jahren auf einer Website dokumentiert wurden. In den Detroit News wurde nun davon berichtet, dass die letzte aktive Synagoge (siehe Foto), die sich heute in Detroit selbst befindet, geschlossen werden soll, doch eine Gruppe junger Menschen, Teil einer Renaissance von Detroit, will das Gebaeude retten. Das National Public Radio (NPR) hat nun auch davon berichtet (kann man sich hier anhoeren).
Bei der Geschichte geht es mehr als um juedisches Erbe, es ist eine Geschichte ueber Amerikas Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit, es geht um Revitalisierung von Amerikas Innenstaedten, und es geht um Hoffnung auf eine bessere Zukunft.