Donnerstag, 22. Januar 2009

Unter Bauern


Ich liebe das Internet. Nein, wirklich. Man weiss nie, welche Ueberraschung auf einen wartet. Auf Facebook,beispielsweise, bekam ich einen "Friend Request" von Lia (siehe Foto), die ich bestimmt seit mehr als zehn Jahren nicht mehr gesehen habe. Lia ist aus meiner Gemeinde in Muenster, und wie ich nun weiss, ist sie mittlerweile Schauspielerin und lebt in Muenchen. Aber was noch interessanter ist, ist, dass sie gerade einen Film gedreht hat, der voraussichtlich im April ins Kino kommt und der auf dem Buch "Retter in der Nacht" von Marga Spiegel basiert. Die 1912 geborene Marga ist ebenfalls aus meiner Gemeinde in Muenster und sie ueberlebte die Shoah im Versteck, "unter Bauern".
Diethard Aschoff schreibt in seiner Einleitung zu dem Buch: »Anders als in den übrigen autobiographischen Aufzeichnungen wird hier das Überleben einer dreiköpfigen Familie in der Heimat beschrieben, das außerordentlich seltene Untertauchen in Westfalen selbst. Die ›Retter in der Nacht‹ sind verschiedene Bauernfamilien im südlichen Münsterland, denen später in Yad Vashem, der Jerusalemer Gedenkstätte des Staates Israel an Holocaust, die große Ehre zuteil wurde, daß ihre Namen als Judenretter an Bäumchen angebracht wurden. In dem warmherzig geschriebenen Überlebensbericht überwiegt die Dankbarkeit gegenüber Gott und denen, die sie in Todesgefahr bewahrten. Das ›andere‹ Deutschland vertraten nicht hochgestellte Persönlichkeiten oder herausragende Intellektuelle, sondern einfache fromme Bauern des Münsterlandes, die in dämonisch verhetzter Zeit trotz selbsteigener, oft abgründiger Angst ihrem Gewissen und Glauben folgten. Marga Spiegel versteht es, in differenzierter Schilderung diese namenlose Angst vor der stets gegenwärtigen, jedoch unsichtbaren Gefahr, von der sie schreibt, auch bei ihren Rettern unmittelbar nachempfinden zu lassen. (...) Obwohl das Ehepaar Spiegel im Holocaust 37 Verwandte verlor und aus der Großfamilie niemand außer ihnen überlebte, kann ‹Retter in der Nacht‹ ein versöhnliches, ja fast ökumenisches Buch genannt werden, nicht aus der nach dem Kriege manchmal etwas krampfhaft beschworenen ›Brüderlichkeit‹ heraus, sondern in dankbarer Erinnerung an die überzeugend gelebte christliche Grundhaltung ihrer Retter, die half, auch den Glauben der Jüdin zu festigen. Vom Inhalt ‑ Überleben im Untergrund ist in dieser Form in Westfalen sonst nicht bezeugt – als auch vom Geist und der Gesinnung her ist darum das schmale Bändchen nicht nur ein bemerkenswertes, sondern geradezu einzigartiges Zeitdokument für Westfalen.«
Marga wird in der Kinoverfilmung von Veronica Ferres (siehe Foto mit Marga Spiegel) gespielt (hier ein Interview mit ihr). Bin schon gespannt auf den Film...

1 Kommentar:

  1. This post is so well written and I enjoyed reading it. I have been doing research to find what has been written about the movie "Unter Bauern." I am one of Marga's American cousins and we are hoping that the movie will come to the states. My husband and I were unable to attend the premier at the film festival. We have not seen Marga since 2007. We are so happy that she was able to see the movie completed and attend the premier.
    Merle Branner

    AntwortenLöschen